Im Gespräch mit Siegmar Goldammer

Kühe werden aus dem Stall getrieben © Marienhöhe

Entwicklung und Tradition: Ein Blick auf das kultur-schaffende Bauerntum

Auf den ersten Blick mag es nur ein gewöhnlicher Bauernhof sein, doch bei genauerem Hinsehen offenbart sich eine reiche kulturelle Dimension, die über das Alltägliche hinausreicht - Hof Marienhöhe mit nahezu 100 Jahren biologisch-dynamischer Historie.

Hier, fernab vom Trubel des urbanen Raums Berlin, hat sich seit 1928 eine Gemeinschaft gebildet, die nicht nur die Landwirtschaft pflegt, sondern auch einen tiefen spirituellen Sinn in ihrer Arbeit findet. Es ist Siegmar, einer der Betriebsleiter, der mit einem freundlichen Lächeln und lebhaften Augen von den Anfängen dieser Gemeinschaft erzählt. Für ihn ist der Hof nicht nur ein Ort des Arbeitens, sondern auch des Lebens und der Entwicklung. Selbst während der DDR-Zeit wurden die biologisch-dynamischen Ideen und Impulse lebendig gehalten. Er erinnert sich an die jährlichen Wintertagungen, an denen Menschen aus Ost und West zusammenkamen, um ihre Erfahrungen auszutauschen und voneinander zu lernen. Diese Tagungen waren für die Gemeinschaft von unschätzbarem Wert, da sie nicht nur fachliches Wissen vermittelten, sondern auch ein Gefühl der Verbundenheit und des Zusammenhalts schufen. Der Betrieb stellte eine echte Alternative zum Leben und landwirtschaftlichen Wirtschaften der damaligen Zeit dar. 

Das prägt noch heute: Die Begegnung der Gemeinschaft aller Generationen auf dem Hof gibt Inspiration und Orientierung. 

Der Aspekt des Hoflebens ist die Verbindung von Arbeit und Leben. Für Siegmar und die Hofgemeinschaft ist es selbstverständlich, dass das Arbeiten auf dem Hof nicht nur eine wirtschaftliche Notwendigkeit ist, sondern auch eine Quelle der Erfüllung und des persönlichen Wachstums. Diese ganzheitliche Sichtweise spiegelt sich auch in der Landschaftsgestaltung wider, die nicht nur auf die Produktion von Nahrungsmitteln abzielt, sondern auch auf die Schaffung eines harmonischen Ökosystems, mit der Anlage von Hecken, vielfältigen Gehölzen, Waldpflege und Ackerbau. 

Viele junge Leute, die den Hof mitbewirtschaften, da sie entweder die biologisch-dynamische Ausbildung absolvieren oder sich beruflich angeheftet haben und damit am Hof leben, bringen neue Ideen und Entwicklungen ins Rollen. Siegmar betont die Bedeutung der Weitergabe von Wissen und Erfahrung an die nächsten Generationen und ist bereit, den jungen Menschen Raum für ihre eigenen Visionen zu geben. Für ihn liegt die Zukunft des Hofes darin, dass sich die Menschen weiterhin gegenseitig unterstützen und gemeinsam an einer lebendigen und nachhaltigen Zukunft arbeiten.

Am Ende des Gesprächs bleibt ein Gefühl der Dankbarkeit und des Respekts für die Menschen, die sich mit Leidenschaft und Hingabe für den Erhalt dieser besonderen Gemeinschaft einsetzen. Was die Zukunft des Betriebes betrifft, stelle ich mir immer mal wieder einen Satz aus dem Spruch für " Zuversicht und Vertrauen" von R. Steiner vor Augen:" Es gehört zu dem, was wir in dieser Zeit lernen müssen. Aus reinem Vertrauen zu Leben ohne jede Daseins-Sicherheit, aus dem Vertrauen in die immer gegenwärtige Hilfe der geistigen Welt" Die Daseinssicherheit im Materiellen gibt es für mich tatsächlich nicht. Die Sicherheit muss man in sich finden. Das ist mir ein Anliegen und dass man eben dieses Vertrauen auch in die Zukunft, in die jungen Menschen hat, die viel Neues mitbringen.“ 

Siegmar Goldammer

Hofgemeinschaft Marienhöhe, Bad Saarow
 

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100 Jahre im Osten